Aufbruch nach Bonaire

Nach Hundert Tagen am gleichen Ankerplatz reicht es und wir wünschen dringend eine Luftveränderung…, zumal die Regenzeit begonnen hat und es deutlich wärmer geworden ist. Doch unser Paket mit Ersatzteilen ist nach drei Wochen immer noch nicht eingetroffen uns zwingt uns weitere Wartezeit auf.

Bonaire ist unser nächstes Wunschziel, außerhalb der Wirbelsturm-Zone gelegen und ein echtes Kontrastprogramm zu Martinique, das wir auf zahlreichen Ausflugstouren ausgiebig erkundet haben: eine Trauminsel mit unzähligen Facetten…!

Le Marin, die größte Ankerbucht von Martinique

Bonaire ist ganz anders, flach und trocken und Ankern dort ist komplett verboten. Wir mussten uns für die Einreise bewerben und einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Während wir auf noch die Einreisebewilligung warten warten, nehmen wir ein letztes Mal einen Mietwagen und machen die Proviantierung für die Überfahrt und anschließende Quarantäne auf Bonaire.

Vor dem Übersetzen zu Annamera

Im gut klimatisierten Auto genießen wir unsere letzten Ausfahrten und lernen weitere spannende Ecken von Martinique kennen. Dazu gehört eine abenteuerlich steile Wanderung zum Wasserfall Saud Babin und die Erkundung der landwirtschaftlichen Nutzflächen in den mittleren Höhenlagen des Mont Pele´.

Der schwer erreichbare Wasserfall Saud Babin, den man nur „von oben“ erleben kann

Doch nach einer weiteren Woche Wartezeit sind wir reichlich „unter Strom“! Erst mehrere Anrufe beim Paketdienst tragen Früchte und am 10. Juli erfahren wir endlich, dass das Paket ausgeliefert wird. Da fügt es sich gut, dass wir am gleichen Tag grünes Licht für die Anreise nach Bonaire erhalten: große Erleichterung!

Am 115. Tag auf Martinique verlassen wir erstmals unseren Ankerplatz und fahren zum Ausklarieren und Tanken rein in die Bucht von Le Marin.

… Ausklarieren nach Bonaire
Alle Tanks randvoll!

Doch hier wird es nochmal stressig, weil wir entdecken, dass unser Satelliten-Router kaputt zu sein scheint, was ein Doppel-Check mit einem Händler und einem Segelkumpel bestätigt. Das ist natürlich besonders ärgerlich, da wir ohne das Satelliten-Gerät für die Tage der Passage nach Bonaire ohne Kontakt zur Außenwelt sein werden. Immerhin liegt Bonaire nicht gerade um die Ecke und ist fast 500 Seemeilen entfernt. Außerdem haben wir gerade eben erst für 750 Euro (!) Guthaben für das Iridium gekauft, das uns jetzt gar nicht zur Verfügung steht.

Gute Winde für den 500-Meilen-Törn

Das müssen wir erst mal verdauen und beschließen,  unsere Abreise um einen Tag zu verschieben. Dazu verholen wir uns abends erneut auf unseren „alten“ Ankerplatz, wo wir in Ruhe alles für die Abreise vorbereiten. Der Wetterbericht klingt gut und am Sonntag Vormittag geht es dann los und zwar gleich mit doppelten Paukenschlag! 

Regenstimmung beim Aufbruch vom grünen Martinique

Kaum ist der Anker gelichtet, erwischt uns aus heiterem Himmel ein kräftiger Tropenschauer und kaum ist der vorbei, haben wir Probleme mit dem Ausbaumen der Genua. Auf dem schaukelnden Schiff muss Anett bis zur Saling hoch in den Mast, um das Problem zu lösen: toll gemacht. Nun steht die Genua perfekt und nach vier-monatiger Segelabstinenz haben wir keine Schwierigkeiten mit dem Seegang.

… es dauert eine Weile bis die Genua ausgebaumt ist ….

Wir kommen gut voran und haben nach dem ersten Tage bereits 136 Seemeilen hinter uns, begleitet von diversen Seevögeln, einer perfekte Brise und angenehme Temperaturen ….Diesmal geht auch nichts zu Bruch und zwei verschüttete Becher Kaffee sind die einzigen Wermutstropfen. 

… doch dann lässt es sich entspannt segeln!

Ein angenehmer zweiter Segeltag folgt und bringt uns schneller als erwartet auf „Halbzeitstand“! Bei leichtem Seegang und 15 bis 20 Knoten achterlichem Wind läuft Annamera wie auf Schienen. Damit es nicht langweilig wird, kreuzen gleich mehrere Schiffe unseren Weg, im Abstand von 1,5 bis 3 Seemeilen, doch eng und stressig wird es nie, so dass wir nur einmal zum Spaß zur Funke greifen und mit einem maulfaulen Chinesen sprechen, dessen Tanker zu groß für den Panama-Kanal ist und der um Kap Horn herum nach China unterwegs ist: 45 Tage Reisedauer!

Viele Schiffe kreuzen unseren Weg, die meisten von und nach Panama!

Was uns Sorge macht, ist nicht die Reisedauer, sondern die zunehmend näher rückenden venezolanischen Inselgruppen Los Roques und Los Aves, von denen aus neuerdings Piratenangriffe nicht undenkbar sind. Wir halten etwa 30 Meilen Abstand und haben das AIS vorsichtshalber abgeschaltet. Damit hoffen wir, auf der sicheren Seite zu sein. Als gegen 02.00 Uhr eine zarte Mondsichel erscheint, wird es auch deutlich heller und beschert uns eine gute Nachtsicht.

500 Seemeilen, quer durchs Karibische Meer

Kurz darauf sind es nur noch 100 Seemeilen bis zum Ziel und wir verkleinern die Segelfläche, um langsamer zu werden: klingt paradox, aber während des Tages werden wir die Hundert Meilen nicht schaffen, dürfen andererseits aber auch nicht in der Nacht ankommen. Schließlich reisen wir als Quarantäneschiff ein und müssen die Regularien beachten. Da hilft nur abwarten, Tee trinken und natürlich langsamer werden.

Ruhige See und der Käpt´n setzt die Quarantäne-Flagge

Auch der letzte Segeltag ist perfekt: absolut konstanter achterlicher Wind um Stärke vier und wenig Seegang: was will man mehr? Höchstens einen Fisch fangen…! Aber das bleibt uns verwehrt, erst weil zu viel Seegras „unterwegs“ ist, wahrscheinlich aber, weil wir jetzt zu langsam sind. Dafür bekommen wir mal wieder Delfine zu sehen, diesmal Fleckendelfine, groß und schlank. Leider währt das Schauspiel nur kurz, weil wir nun zu langsam und für die Außenbords-Kamaraden langweilig sind. 

Besuch von Fleckendelfinen

Der letzte Sonnenuntergang ist nicht perfekt, aber der einzige und (konkurrenzlos) schönste der Reise. Während Annamera (immer noch zu) munter ihre Bahn zieht, ziehen wir uns einen „Tatort“ aus der Konserve rein. Und danach holen wir das Segel ganz rein, doch machen immer noch drei Knoten Fahrt, immer noch zu viel, da wir nicht vor 8 Uhr morgens ankommen dürfen. Um die Fahrt weiter zu verlangsamen, könnten wir eine Trosse ausbringen, entscheiden uns aber für die Verlängerung der Reise, indem wir den Leuchtturm in großem Abstand umfahren. Zum Schluss passt alles und wir laufen Punkt 8 Uhr in die „Haupstadt-Marina“ von Harbour Village ein, in Empfang genommen von Egi, der uns in unsere Box einweist, gleich neben Zigzag, die wir aus Martinique kennen.

Ansteuerung von Kralendijk auf Bonaire

Kaum angelegt, bekommen wir die „Spielregeln“ für die Quarantäne erklärt. Es ist ganz einfach: das Schiff dürfen wir 14 Tage lang nicht verlassen, dürfen uns jedoch auf dem  8 Meter langen Seitensteg die Beine vertreten…, z.B. bei abendlichen „Übungen“ von Anett.

Unser Liegeplatz für die Zeit der Quarantäne

Der Hafen macht einen guten Eindruck und ist Bestandteil einer Hotelanlage, gestaltet im neo-spanischen Retro-Stil. Die (gerade noch erträglichen) Hafengebühren werden in US-Dollar bezahlt (788,-).

Harbour Village Marina

Bonaire gehört zu Holland, ist aber weitgehend selbstständig. Die Nachbarn sind nett und mit dem ausgewanderten Henk haben wir uns schon ein bisschen angefreundet. Er hat angeboten, uns mit frischer Ware aus dem Supermarkt zu versorgen …! Wir haben uns zwar für zwei Wochen verproviantiert, können Frischware aber immer gut gebrauchen …

Die neue Flagge von Bonaire

Nun ist der zweite Quarantäne-Tag bald vorbei und zwölf liegen noch vor uns ….