Durch das Land der Maya, Teil 2

Auf einer Mammut-Tour durch den Süden Mexikos „arbeiten“ wir uns vor bis hoch in die Sierra Madre an der Grenzregion zu Guatemala, wo noch heute Millionen Mayas leben. In 2500 Metern Höhe sinken die Temperaturen nachmittags auf 10 Grad Celsius und wir sind froh, dass wir uns in Palenque noch mit „Winterkleidung“ eingedeckt haben. Unser Ziel liegt ein paar hundert Höhenmeter tiefer in Chiapas, dem südlichsten Bundesstaat  Mexikos, wo indigene Traditionen und Lebensweisen noch gepflegt werden. 

Fernblick über das Tal von San Cristobal

Beim letzten Tageslicht erreichen wir nach exakt 1500 Kilometern unser Quartier in San Cristobal de las Casas, 2100 Meter hoch über dem Meeresspiegel gelegen. Von unserem Parador sind es nur wenige Schritte  bis zum historischen Zentrum mit seiner prächtigen Kolonialarchitektur um die Klosterkirche Santo Domingo herum. Man glaubt es kaum, aber der Ort  erinnert in Architektur, Geschäftigkeit und der gleichzeitig relaxten Atmosphäre mit unzähligen Bars und Restaurants an griechische Orte. In all dem munteren Treiben unzählige Mayafrauen, vielfach mit ihren Kindern auf Bauch oder Rücken. 

Der Platz vor der Kathedrale von San Cristobal, Treffpunkt für Alle!
Maya-Frauen im „Einsatz“

Nach der langen Anreise sind wir hungrig und es soll ein gutes Thai-Lokal geben, das wir aber nicht finden können. Dafür finden wir einen edlen, nagelneuen Food-Court mit Super-Restaurants und super Preisen, darunter auch ein Thai, in dem wir das beste Essen seit Monaten bekommen. In unserem herrlichen Parador mit riesigem Zimmer am Innenhof können wir nach der anstrengenden Etappe bestens ausruhen, zum unglaublichen  Zimmerpreis von 25 Euro, inklusive Frühstück!

Yummy-yumma Thai-Essen, eine willkommene Abwechslung!

Nach einem leckeren Frühstück brechen wir auf zur (zweiten) Stadtbesichtigung. Es ist Frühlingswetter und bei wärmenden Sonnenstrahlen steigen die Temperaturen bald von 10 auf 20 Grad Celsius, eine angenehme Abwechslung nach den dauernden Hochtemperaturen der vergangenen Monate. Die Stadt ist ein ungemein lebenswertes Pflaster, Anziehungspunkt für Mayas wie exotische Traveller gleichermaßen. Wir fühlen uns jedenfalls super wohl und genießen die Stadt in vollen Zügen. 

Maya-Markt vor ehrwürdigen Kathedralen
Reiseverlauf bis Campeche, fast 2500 Kilometer!

Leider müssen wir am nächsten Tag schon weiter, zunächst noch mit einem Abstecher nach Chamula, das spirituelle Zentrum der Mayas in der Region. Die uralte, malerische Kirche Iglesia San Juan sieht von Außen aus wie jede andere. Für kleines Geld kaufen wir ein Eintrittsticket und treten dann ein in eine merkwürdig mystische Welt mit einer Mischung aus Katholizismus und Voodoo-Zauber: Keine Bänke, dafür frische Kiefernzweige, Weihrauch und Tausende Kerzen. In kleinen Gruppen vollziehen Mayas unverständliche, fremdartige Rituale – mit Sprechgesängen und Hühnern. Hier scheint der Katholizismus eine Symbiose mit den alten Götter- und Glaubensvorstellungen eingegangen zu sein.

Die Kirche von San Juan de Chamula

Draußen atmen wir auf, bei schönstem Frühlingswetter und strahlendem Sonnenschein. Eine Mammut-Tour von 750 Kilometern liegt vor uns und wir sind schon spät dran! Um unser Tagesziel zu schaffen, haben wir uns für die längere, aber schnellere Strecke entschieden und nehmen dafür mehrfach ziemlich hohe Mautgebühren in Kauf. Dafür gibt es keinerlei Probleme und der Sprit ist mit umgerechnet etwa 0,85 Euro/Liter sowieso sehr günstig… 

Mexiko ist auch das Land der Uralt-VW-Käfer, viele ganz speziell zurecht gemacht!
Schöne Berglandschaften im Zentrum des Bundeslands Chiapas

Auf anfangs gut ausgebauten Straßen geht es durch die Provinzhauptstadt Tuxtla Guiterrez und tendenziell immer bergab, durch überwiegend wunderschöne Landschaften, bis wir Stunden später an der Golfküste im Bundesstaat Tabasco auf Meereshöhe ankommen! Dort besonders liebliche Weide- und Lagunenlandschaften, durch das milde Abendlicht noch zusätzlich verzaubert. 

Liebliche Landschaften im Bundesland Tabasco

Die letzen 200 Kilometer führt die Straße ostwärts direkt an der (schmutzigen) Golfküste entlang, durch kleine Ortschaften, wo die Straßen wieder von unzähligen Bodenschwellen gespickt ist. Dadurch verlangsamt sich unser Vorankommen und es wird dunkel. Als noch Regen und schlechte oder fehlende Fahrbahn-Markierungen hinzukommen, wird es anstrengend! Am Ziel in Campeche ist es dann bereits 21:00 Uhr. Für die 750 Kilometer haben wir genau zwölf Stunden gebraucht, ohne nennenswerte Pausen! Über die Gebirgsstraßen wären wir dagegen 24 Stunden unterwegs gewesen.

Typische Vorstadt

Unsere Unterkunft liegt wieder direkt in der Altstadt des Weltkulturerbes Campeche. Der Ort entpuppt sich als museale Kleinstadt ohne nennenswerten Tourismus.: sehr hübsch und mit viel liebevoll restaurierter historischer Substanz, aber insgesamt etwas leblos und kein Vergleich zum lebendigen San Cristobal! Unsere anfänglich milde Enttäuschung weicht erst als wir die Stadtmauer erklimmen und von dem tollen Bauwerk und den herrlichen Ausblicken entschädigt werden.

Museale Gassen in Campeche
Beste Aussichten von der Stadtmauer
Die coolste Polizei-(Station) unserer ganzen Reise …
… und Polizisten in ihrem Einsatzfahrzeug!

Merida ist die größte Stadt Yucatans und als achtes Tagesziel nur 200 Kilometer von Campeche entfernt, über eine Art Autobahn bald erreicht. Wir treffen am späten Nachmittag ein und haben unsere Unterkunft erneut im Altstadtkern gebucht. Das Hotel mit großem Zimmer, Pool und Frühstückt ist sauber und wie alle anderen sehr preiswert. Für umgerechnet 25 Euro bekommt man in Europa wahrscheinlich bestenfalls die Besenkammer. 

Kolonialer Charme auf der Plaza de Independencia in Merida

Merida begeistert spontan. Es hat wunderschöne Gassen und Plätze und platzt vor Vitalität aus allen Nähten. Durch Zufall lernen wir Marianne und Ulli kennen, mit denen wir auch noch andernorts viel Spaß haben. Wir sind aber nicht nur zum Spaß in Merida, sondern immer noch auf der Suche nach Schuhen! Das Angebot in der Stadt ist schon mal ganz ordentlich. Wir wollen uns aber zusätzlich noch in den großen Malls am Stadtrand umsehen. Doch die enttäuschen, wie schon zuvor die in Cancun. 

Windzerzauste Palmen am Strand von Progreso

Wir brauchen einen Break und machen einen Abstecher an die Golf-Küste, nach Progreso. Der Reiseführer ist nicht gerade voll des Lobes, aber uns gefällt es. Ein lebendiger Ort mit schönem Strand und ellenlanger Uferpromenade. Der Wind knattert und das Wasser tost, genau das Richtige für gute Film- und Fotoshots. Dennoch bleibt es bei einem Abstecher, denn ganz in der Nähe soll es ein Highlight geben, das die Welt wie kein anderes auf den Kopf gestellt hat. 20 Kilometer landeinwärts liegt Chicxulub (Pueblo, nicht Puerto). Dort ist vor 65 Millionen Jahren ein etwa 10 Kilometer großer Asteroid eingeschlagen und hat einen 200 Kilometer breiten Krater in die Region gesprengt und dadurch 50 Prozent allen Lebens auf der Erde ausgelöscht, darunter wahrscheinlich auch die Dinosaurier. Heute ist es ein unbedeutendes Dorf, in der Nähe der Golfküste und Einzugsgebiet von Merida.

Der Krater ist von der Wärmebild-Kamera gut erkennbar!

Zurück in Merida geht die Suche nach Schuhen weiter, doch statt Schuhen finden wir in einer Einkaufsmall eine Eisbahn (!) und einen Starbucks. Buchstäblich kurz vor Toresschluss werden wir dann doch noch fündig, zu einem unschlagbar günstigen mexikanischen Preis. Bei Chedraui, der größten (uns bekannten mexikanischen) Supermarktkette erleben wir aber (hinter „Panzer“-Glas) auch andere Preise, wo Spirituosen auch mal umgerechnet mehrere Tausend Euro kosten können. Merida ist nämlich ein reiches Pflaster und die Menschen aus den „Gated Communities“ brauchen hier auf Nichts zu verzichten. 

Romantische Stimmung nach Einbruch der Dunkelheit

 Die Tag- und Nachtgleiche steht bevor und wir haben uns nach langem Zögern doch entschieden, Chichen Itza, die größte und bekannteste Ausgrabungsstätte Yucatans zu besuchen. Da hören wir durch Zufall, dass die Ausgrabungsstätte während des Equinox für mehrere Tage geschlossen bleiben soll. Ein spektakuläres, alljährlich wiederkehrendes Schattenspiel an der Hauptpyramide würde an dem Tag 30.000 Besucher anlocken, viel zu viele in Corona-Zeiten! Mit einigem zusätzlichen Fahraufwand können wir gerade noch umdisponieren und treffen mittags am letztmöglichen Öffnungstag in Chichen Itza ein. Andrang und Rummel sind allerdings so gewaltig, dass wir uns erst überwinden müssen, zumal die Eintrittspreise (nicht nur für mexikanische Verhältnisse) ebenso gewaltig sind: Umgerechnet über 20 Euro pro Person!

Die große Pyramide des Kukulcan, was das Schattenspektakel zur Zeit der Tag-und-Nachtgleiche zu beobachten ist.

Mit ungutem Gefühl stehen wir im Corona-Hochrisiko-Gebiet im dichten Gedränge vor den Kassen endlos lange an. Doch auf dem großen Ausgrabungsgelände verlaufen sich die Massen schnell. Der Andrang vor den Monumenten ist erträglich und die perfekt restaurierte Pyramide des Kukulcan, der Ball-Spielplatz „Juego de Pelota“ und das Observatorium glänzen im schönsten Sonnenlicht. Die hoch entwickelte Bautechnik der Maya und die Verschmelzung mit Steinmonumenten und künstlerischen Arbeiten machen den Besuch von Chichen Itza trotz der hohen Preise und des Rummels zu einem überaus lohnenden Erlebnis, bei dem eigentlich nur die vielen fliegenden Händler stören.

Maya-Baukunst mit Liebe zum Detail

Das Ruinenfeld besteht genau genommen aus zwei Abschnitten, dem nördlichen Teil mit den gut erhaltenen oder perfekt restaurierten Maya-Relikten und dem etwas abgelegenen Südteil mit nur teilweise frei gelegten Bauwerken, die noch an den Findungs-Zustand erinnern. Dazwischen die für Yucatan typischen, bis zu 30 Meter tief liegenden Wasserlöcher (Cenotes) für die Trinkwasserversorgung, die andern Orts auch aus Schwimmbecken genutzt werden. Als wir am späten Nachmittag aufbrechen, ist die Stimmung auf dem Areal wesentlich entspannter als bei unserer Ankunft. 

Der 30 Meter tief liegende Cenote ist einer der Wasserspeicher Chichen Itzas

Doch leider haben wir noch eine Fahrstrecke von 120 Kilometern vor uns, um zu unserer vorab gebuchten Unterkunft nach Izamal zu gelangen. Im Zickzack geht es auf engen kleinen Nebenstraßen durch dichten Buschwald. Es ist nur wenig Verkehr, aber wir schaffen es nicht, vor der Dunkelheit anzukommen. Der Ort präsentiert eine unerwartete Überraschung und glänzt mit dem homogensten Stadtbild unserer ganzen Reise, das im Dunkeln besonders gut zur Geltung kommt und in Farbgebung und Aufbau vage an eine marokkanische Karawanserei erinnert, mit einer gewaltige Klosteranlage und einer der höchsten Maya-Pyramiden Yucatans. Als wir diese am nächsten Tag (kostenlos) besteigen, können wir von der Spitze aus in weiter Ferne sogar die große Pyramide von Chichen Itza sehen.

Das Foto entstand auf halber Höhe der Pyramide von Izamal mit uns beiden oben drauf!

Am elften Reisetag ist Valladolid unsere letzte Station, das eigentlich nur als Übernachtungs-Standort für den Besuch von Chichen Itza gedacht war.. Durch die Planänderung haben wir nun mehr Zeit für den Ort und können uns geruhsam treiben lassen. Der Ort ist zwar etwas unspektakulär, aber sehr hübsch und unser Hotel liegt in Bestlage am zentralen Platz „Plaza F. Canton“, wo bei Dunkelheit (gefühlte) Millionen Vögel ein Ohren betörendes Konzert anstimmen.

Valladolid mit dem ältesten Gotteshaus Yucatans, der Iglesia de San Bernardino de Siena

Nach einem exzellenten (Hotel)-Frühstück steht für Tag zwölf nur noch die Rückreise nach Cancun an. Wir haben genug Zeit, um die teure, von Baustellen gespickte Autobahn zu meiden und geben pünktlich mittags in Cancun den Mietwagen zurück. Alles hat super geklappt! Wir sind weit mehr als 3000 Kilometer gefahren, haben fünf Bundesländer durchstreift und acht Unterkünfte gehabt. Mexiko hat sich als gutes Reiseland mit enormem Erlebnisfaktor erwiesen und das zu unschlagbar günstigen Preisen. 

Routenverlauf der gesamten Reise

Mit der Schnellfähre von Cancun, genauer Puerto Juarez, sind wir in 20 Minuten zurück auf Isla Mujeres und betreten wenig später unsere Annamera, die geduldig an ihrem Platz auf uns gewartet hat.