Die letzten Tage auf Bermuda

Bermuda meint es gut mit uns, jedenfalls die meiste Zeit. Und da auch das Wetter mitspielt, können wir absolut nicht klagen. Wenn da nicht diese eine Nacht gewesen wäre .… Ein schweres Gewitter bringt Regen und Starkwind, und das mitten in der Nacht. Um die dreißig Schiffe um uns herum reißen an ihren Ankergeschirren, während die schauerliche Szenerie von Blitz und Donner untermalt wird. Wir machen kein Auge zu und sind heilfroh, als der Spuk in den frühen Morgenstunden überstanden ist. Doch da weiterhin Gewittergefahr besteht, bleiben wir den ganzen Tag an Bord. 

Schlimmes Nacht-Gewitter mit Sturmböen

Eines anderen Morgens sind wir mit Tuffy, unserem amerikanischen Ankernachbarn verabredet. Wir wundern uns allerdings, dass er nicht wie verabredet erscheint und fragen uns schon, ob er das Treffen vielleicht vergessen haben könnte. Hat er nicht, aber da er unser Dinghi nicht gesehen hat (!!), nahm er an, dass wir nicht zu Hause sind. Als er dann trotzdem vorbeischaut, fallen wir beinahe aus allen Wolken, denn unser Dinghi ist nicht mehr da. Mit Tuffys Hilfe (und seinem Dinghi) machen wir uns auf die Suche und finden es schon bald bei einer naheliegenden Wohnanlage, wo es angetrieben ist und von einer freundlichen Bewohnerin festgebunden wurde: riesengroße Erleichterung! Die Ursache: der Käpt`n selbst hat es am Vortag nicht gut genug vertäut. Das wird in Zukunft bestimmt nicht mehr passieren, denn ein Ankerplatz ohne Dinghi geht gar nicht!

Wir erleben nun schon unsere dritte Woche auf Bermuda und sind vom ersten Tag an fasziniert von dieser Insel. Bis auf die horrenden Preise gibt es rein gar nichts auszusetzen und wir sind froh, hierher gekommen zu sein. So ein liebliches, gepflegtes Stück Erde wie dieses dürfte anderswo wohl schwer zu finden sein.

Hier hat es die Schöpfung es besonders gut gemeint!

Da unser Besuch vermutlich (nur) eine einmalige Stippvisite bleiben wird, genießen wir jeden Tag, müssen uns aber zunehmend immer mehr auf die Vorbereitungen für die anstehende Atlantik-Überquerung fokussieren. Dazu gehören die Verproviantierung, Waschen, das Reinigen des Unterwasserschiffes, WC-Wartung und das Abarbeiten unserer (technischen und organisatorischen) Checklisten. Durch eine bis zu drei Wochen dauernde Unerreichbarkeit sind eben viele Details zu bedenken.

Die Ankerbucht und der kleine Hafen füllen sich immer mehr mit Transatlantik-Seglern. Darunter auch eine Reihe ARC-Teilnehmer (Atlantic Rally for Cruisers). Fast alle haben das gleiche Ziel, Horta auf den Azoren, und warten auf das richtige Wetterfenster für die Atlantik-Passage.

Abschied von einem Segelkumpel

Doch das lässt auf sich warten und gibt uns noch etwas Zeit für weitere Erkundungstouren. Mit Dinghi und Rudereinsatz sind wir schnell an Land übergesetzt und finden dort immer wieder Gelegenheiten zu einem Schwätzchen unter Seglern. Bei Kay von der „Ralentir“ kehren wir gerne zum Kaffee ein und bekakeln dabei die letzten Neuigkeiten. 

Es gibt noch ein paar weiße Flecken auf Bermudas Landkarte, die auf unsere Erkundung warten, mittlerweile vorzugsweise mit dem Fahrrad. Auf einer  „Langstrecke“ verschlägt es uns bis in die entfernte Hauptstadt Hamilton. 

Railway-Durchstich

Die Landstraßen auf Bermuda sind sehr eng, stark befahren. Gut, dass es als Alternative den alten Railway-Trail gibt, der sich über die ganze Länge der Insel erstreckt, allerdings mit ein paar lästigen Unterbrechungen, wo man um die Landstraße nicht herum kommt. Wo die alte Eisenbahntrasse direkt am Meer entlang führt, ist sie am schönsten und eröffnet herrliche Ausblicke auf lauschige Buchten und das einzigartig türkisfarbene Meer. 

Der alte Railway-Trail führt im Mittelstück über herrliche Strecken

Hamilton ist eine gute Shopping-Adresse und wir finden nicht nur ein paar schöne Bermuda-Shirts (nicht Shorts..!), sondern auch die lange vergeblich gesuchte Hülle für unser iPad. Was zuhause einfach im Internet bestellt wird, muss auf Langfahrt mühselig gesucht werden.

Im hervorragend sortierten Supermarkt genehmigen wir uns gelegentlich eine Lunchbox von der Frischetheke und gehen damit zum Picknick in eine der wunderschönen Parkanlagen, die offensichtlich einer kontinuierlichen Pflege unterzogen werden. Beete und Rasenkanten sind regelrecht manikürt und die Bepflanzung ist eine wahre Freude für jeden Gartenfreund!

Keine Parkanlage, vielmehr ein kleines, lauschiges Picknick-Plätzchen

Ebenfalls mit dem Fahrrad entdecken wir durch Zufall Cooper`s Island, eigentlich eher eine Halbinsel, direkt hinterm Flughafen gelegen. Wo früher die NASA eine Außenstelle betrieben hat, befindet sich heute ein Natur-Reservat mit mehreren menschenleeren Traumständen. Nur schade, dass es zum Baden leider ein bisschen zu kalt ist.

Cooper`s Island mit phantastischen Ausblicken auf den türkisfarbenen Wassertraum

Nach Hamilton müssen wir alleine viermal für unsere (notwendigen) PCR-Tests. Beim letzten Test im historischen Postgebäude kommt uns zu Ohren, dass sich auch Besucher auf Bermuda impfen lassen können. Eine erste Impf-Gelegenheit haben wir bereits in St. George verpasst! Auf der Suche nach einer Alternative erleben wir eine regelrechte Impf-Odyssee quer über die Insel, bis wir nach einer Reihe von Falschinformationen schließlich die für uns zuständige Impfstelle vor einem stattlichen Golfhotel finden, in einer Umgebung mit Golfplatz und Traumstränden.

Unser Impfungsstandort

Vom naheliegenden Leuchtturm Gibbs Hill haben wir eine phantastische Aussicht über die zerklüftete Insel, eingebettet in Gewässer mit schönsten Türkistönen! Trotz einer vergleichsweise dichten Bebauung gibt es unzählige Parkanlagen und an die 17 Edel-Golfplätze, die sich über die ganze Insel verteilen. Mit der einheitliche Gestaltung der Hausdächer, die ausnahmslos weiß sind und den überwiegend pastellfarbenen Fassaden steht im Einklang mit dem Türkis des Wassers und dem üppigen Grün der Landschaft.

Bermuda vom Feinsten

Die Bewohner Bermudas werden sich glücklich schätzen, in diesem paradisieschen Fleckchen Erde leben zu dürfen, am Rande des Golfstroms, in ausgesprochen angenehmen Klima. Damit es exklusiv bleibt, dafür sorgen die horrenden Preise und die wenigen Hotels.

Schokolade ist selten unter 10 US-Dollar zu bekommen. Zum Vergleich: Mit 8 US-Dollar gehört Lindt zu den preiswertesten Marken

Nach drei Wochen tut sich ein gutes Wetterfenster für die Atlantik-Überquerung auf, leider jedoch getrübt durch die Annäherung des ersten Tropical Storms ANA, der sich nordöstlich von Bermuda gebildet hat. Da wir glauben, den Sturm südlich umfahren zu können, halten wir an unserem Zeitplan fest. 

Die direkte Strecke von Bermuda zu den Azoren beläuft sich auf exakt 1800 Seemeilen, umgerechnet 3333 Kilometer. Wir werden ins Zentrum des Nordatlantiks segeln und mindestens zwei Wochen unterwegs sein. Die Passage gilt als anspruchsvoll und da wir zusammen mit unserem Schiff ein gutes Team sind, sind wir nicht allzu bange, ob der Dinge, die uns unterwegs erwarten. 

Immerhin können wir ein begrenztes Kontingent an aktuellen Wetterdaten über Satellit abrufen und sind dadurch in der Lage, auf das Wettergeschehen um uns herum zu reagieren.