Nobles Bermuda

In den frühen Morgenstunden kommt die Insel die Insel Bermuda zaghaft in Sicht, zuerst das Leuchtfeuer und bald darauf die Konturen der flachen Insel, begleitet von einer spektakulär aufgehenden Sonne voraus und dem untergehenden Vollmond achteraus!

Ein herrlicher letzter Morgen vor dem Landfall auf Bermuda

Jetzt dauert es nicht lange bis wir einen Funkanruf von der Küstenfunkstelle Bermuda Radio erhalten: „Sailing Vessel Annamera…,  Annamera – Bermuda Radio, Bermuda Radio“! Als wir uns melden, werden wir nach unserer Schiffsdaten und dem Wohin und Woher gefragt. Der Operator will unsere ungefähre Ankunftszeit in St. Georges wissen und teilt uns mit, dass wir uns  später in Höhe Leuchtturm St. David wieder melden sollen. 

Der Leuchtturm St. David aus der Landperspektive

Bermuda ist komplett von gefährlichen Riffen und Wracks umgeben und es gibt nur die eine sichere Einfahrt ganz im Osten bei St Georges. Bis dahin sind es noch vier Stunden, die wir in angemessenem Abstand gemächlich vor dem Wind entlang schippern und dabei ausgiebig Zeit haben, den grünen Küstenstreifen mit herrlichen Stränden und prächtiger Bebauung zu bewundern, die Gebäude entweder in Weiß oder in Pastellfarben gestrichen und die Dächer alle (!) in Weiß. 

Die Hafeneinfahrt „Town Cut“ bewacht von einer kleinen Festung

Gegen Mittag haben wir in Höhe des Leuchtturmes St. David den nächsten Funk-Kontakt mit Bermuda Radio. In kurzer Folge erhalten wir nun genaue Anweisungen über den weiteren Streckenverlauf. Durch den kanalisierten „Town Cut“ werden wir in die Bucht von St. Georges gelotst, die älteste Besiedlung der Engländer in der Neuen Welt, gegründet bereits 1612!

Der kleine Hafen von St. Georges

Der Funker kann uns anscheinend genau sehen und lotst uns weiter präzise zu unserem Landing Dock bei Ordinance Island, das allerdings noch von einem Catamaran belegt ist. Also drehen wir für eine endlos lange Stunde Kringel und haben dabei ausgiebig Zeit, uns den historischen Ort aus der Wasserperspektive anzuschauen: alles „very british“, schmuck und sehr gepflegt wirkend und auch hier alle Gebäude ausschließlich mit weißen Dächern versehen.   

ANNAMERA amLanding Dock bei Ordinance Island

Nachdem wir schließlich am Customs Dock hinter Ordinance Island festgemacht haben, dauert es nicht lange bis die Einreise-Formalitäten erledigt sind. Kosten: 81 US-Dollar. Etwas umständlicher ist dagegen die digitale Beantragung unserer sogenannten „Travel-Authorization“, die pro Person nochmal 75 US-Dollar kostet und fünf (5!) PCR-Tests in genau vorgegebener Folge beinhaltet. Der erste Testabstrich erfolgt gleich vor Ort. Ergänzend wird uns am Handgelenk ein rotes Armband angelegt, mit aufgedruckten Hinweisen, dieses während der folgenden 14 Tage auf keinen Fall zu entfernen. Durch das Armband  sind wir nun als getestete, frisch eingereiste Touristen erkennbar… 

Das „Test-Armband“ darf auf keinen Fall abgelegt werden!

Die erste Nacht können wir noch am Einreise-Pier bleiben, müssen aber am nächsten Tag mangels Liegeplätzen auf den naheliegenden Ankerplatz umziehen. Schlechtes Timing, weil ausgerechnet an unserem ersten Tag eine Kaltfront mit Starkwind über Bermuda aufzieht, die Annamera in der Nacht mächtig am Anker durchschütteln wird. Heulender Wind und Regenschauer sind nun genau das richtige, um die Stimmung an Bord in den Keller zu treiben.

… das fetzt mal richtig!

Mittlerweile sind wir immerhin volle 17 Tage ununterbrochen an Bord und können es kaum erwarten, uns endlich mal wieder die Beine zu vertreten. Nachdem wir schon bald unser (negatives) Test-Ergebnis erhalten haben, könnten wir uns theoretisch munter auf der Insel austoben. Doch wird es noch einen endlos langen weiteren Tag dauern, bis der Wind abgeflaut ist und wir mit dem Dinghi übersetzen können.

Am 18. Tag endlich wieder Landgang!

An Land erleben wir dann ein feinstes Miniatur-England, mit Linksverkehr, Palmen und schönstem Frühlingswetter. Der erste Eindruck ist so positiv wie auf keiner anderen Insel zuvor. Alles ist extrem sauber und super-gepflegt. Doch bis auf die wenigen Lebensmittel-Läden hat alles geschlossen: Lockdown… und das, obwohl die Insel kaum Corona-Fälle hat. In einigen Läden ist allerdings ein sogenannter Curb-Side-Service, ein Verkauf vom Gehweg aus, möglich!

Mit den Bikes kommen wir auch in die letzten Winkel ..

Ansonsten glänzt die Insel mit dichter Besiedelung in sanft hügeliger Parklandschaft und unzähligen Einbuchtungen, so dass von nahezu jedem Punkt Wasser zu sehen ist. Als wir später mit Bus und Fahrrad weiter ins Inselinnere vorstoßen, erleben wir die Insel noch in ganz anderen Facetten, mit der prächtigen Hauptstadt Hamilton,

Die Front Street in Hamilton

alten Verteidigungs-Bastionen, herrlichen Parkanlagen, schneeweißen Traumstränden

Wasser wohin das Auge blickt!

Golfplätzen vom Feinsten und prächtigen Villenvierteln, die Beverly Hills glatt in den Schatten stellen: das reinste Millionärs-, wenn nicht gar Milliardärs-Pflaster. Dementsprechend hoch sind allerdings auch die Preise und wir können froh sein, dass wir in Mexiko noch reichlich Vorräte gebunkert haben. 

Wir radeln quer über den Mid Ocean Club ..!

Nachdem anfangs nur eine Handvoll andere Yachten hier lagen, füllt sich der Ankerplatz zusehends mit Neuankömmlingen aus der Karibik und schon bald wird es voll werden, spätestens wenn die Flotte der ARC-Segler eintrifft. 

Mai und Juni sind die besten Monate für die Atlantik-Überquerung von West nach Ost und Bermuda ist der ideale Absprungort, sowohl für die Segelyachten der „Normalos“ wie auch die Megayachten der Superreichen.

„EOS“, die größte Segelyacht der Welt

Wie Zugvögel warten hier alle auf das optimale Wetterfenster für die Überfahrt, die Wartezeit überbrückend mit Relaxen, Landausflügen und/oder Wartungsarbeiten am Schiff.  

Bei uns z.B.haben sich bei der Passage von Mexiko alle (acht) Nieten an der Mast-Baumverbindung „verabschiedet“ und wir können erst wieder ruhig schlafen, als der Rigger den Schaden behoben hat.

Der Rigger sorgt wieder für einen ungetrübten Schlaf!

Eine andere Baustelle  bereitet nicht ganz so viele Kopfschmerzen, ist aber fast ebenso unangenehm. Die elektrische Ankerwinde hat einen Getriebeschaden. Nach dem Ausbau von Schaft und Ketten-Nuss sind wir ziemlich ratlos und werden vorerst wohl kapitulieren müssen, nachdem auch der „Machine Shop“ nicht wirklich hat weiter helfen können.

Karibisch anmutende Schlosser-Werkstatt in St. Georges

Immerhin lässt sich die Ankerwinde noch von Hand bedienen, allerdings nur mit vollem Körpereinsatz des Käpt´ns: Knopfdruck war einmal…, Improvisation als typischer Segleralltag!

Zuviel Haar im Gesicht: Der Bart muss ab!

Wie es aussieht, wird bis zum nächsten guten Wetterfenster für die Atlantik-Überquerung noch etwas Zeit vergehen und wir werden die Insel noch etwas genießen können, derweil die Antizipation der anstehenden Atlantik-Passage immer irgendwo im Hinterkopf herum spukt. Aber da Kneifen nicht in Frage kommt, wird es bald wieder heißen…“Leinen Los zur nächsten Atlantik-Etappe..!

Nicht alle Sonnenuntergänge sehen so aus!