Pico und Graciosa

Pico ist eine der Inseln der zentralen Azoren-Gruppe und der gleichnamige Berg mit 2351 Metern der höchste Berg Portugals. Bisher konnten wir ihn schon von allen möglichen Inseln und Seiten betrachten. Nun wird es aber Zeit, ihn auch einmal tatsächlich und persönlich zu betreten. Da die Anlege-Möglichkeiten schlecht sein sollen, stehen wir früh auf und benutzen die Fähre von Horta aus, die uns für 3,50 Euro in dreißig Minuten zum Fährhafen Madalena rüber bringt. 

Törnverlauf in der zentralen Azoren-Gruppe mit aktuellem Standort Praia do Heroismos

Das Wetter ist leider nur mittelprächtig und der Pico verhüllt ungnädig sein Haupt mit weißen Wolken. Dennoch wollen Aliki und Martin den Berg besteigen. Schnell ist ein Wagen gemietet und schon dreißig Minuten später stehen wir an der Anmeldung bei der Casa da Montagna in 1200 Metern Höhe, wo wir allerdings erfahren, dass der Berg den ganzen Tag über mit Wolken verhangen sein wird. Außerdem erhalten Aliki und Martin mit ihrem Schuhwerk keine Genehmigung für den Aufstieg. Das frustet und uns bleibt nichts anderes übrig, als kehrt zu machen. Durch die unbesiedelten Hochweiden mit Rindviechern jeder Art fahren wir zurück an die Küste und landen schließlich in einer malerischen Lavalandschaft, wo der berühmte Inselwein wächst. Eingefasst von schwarzen Lavamauern wird Wein angebaut, der mit seinen frühlingsgrünen Blättern einen tollen Kontrast zu den schwarzen Mauern und den rot eingefassten Fenstern der meist schwarzen „Häuser“ bietet.

Nachdem wir an verschiedenen Miradouros Station gemacht haben, landen wir gegen Mittag in Lajes do Pico, dem einzigen Inselhafen, der theoretisch auch als Liegeplatz in Frage kommt. Uns erscheint er allerdings viel zu eng, aber der Ort ist hübsch und besitzt ein gutes Walmuseum. Wir könnten an einer Wal-Watching-Tour teilnehmen, doch 54 – 64 Euro (pro Person !) sind uns viel zu teuer. Da hoffen wir doch lieber auf eine zufällige Walbegegnung auf einem unserer nächsten Segelabschnitte; immerhin sind wir in der ergiebigsten Walgegend des Atlantiks…

Als wir die Südküste verlassen, wird das Wetter zunehmend besser und auch das Landschaftsbild ändert sich komplett: Statt Lava nun liebliche Parklandschaften mit großzügig verteilten Ansiedlungen und der dritte Inselhafen Sao Roque. Während Aliki und Martin ein erfrischendes Bad nehmen, schauen wir uns den hübschen Ort an und staunen über das gepflegte Ambiente. Am Abend zeigt sich das Wetter mittlerweile von der besten Seite und sogar vom Pico sind alle Wolken abgezogen, so dass sich herrlich Ausblicke bieten. Für Madalena bleibt am Ende leider nur noch wenig Zeit: Schade, denn der Ort macht einen wirklich guten Eindruck. Wir trösten uns mit einem „fetten“ Eis und damit, dass wir ja bald wieder kommen werden, dann vielleicht sogar auf eigenem Kiel…. 

Der abendliche Pico

Am nächsten Morgen erleben wir an Bord eine unangenehme Überraschung: Unsere Batterien haben die Dauerladung nicht gut verkraftet und sind hochgekocht. Gut, dass Berthold von der Anyway Ahnung hat und uns helfen kann. Die Batterien sind in Ordnung, vertragen aber anscheinend die Dauerladung am Landstrom nicht. 

Den letzten Abend in Horta verbringen wir gemeinsam mit Sandra, Berthold, Aliki und Martin in der berühmten Seglerkneipe „Peter Cafe Sport“, nach dem sogar eine Straße benannt ist. Am nächsten Morgen verlassen wir unser Dreierpäckchen, legen zum Abmelden und Tanken aber noch mal kurz an der Tankstelle an. 

Unser nächstes Ziel ist Graciosa, die siebte Insel unserer Azoren-Runde und 50 Seemeilen entfernt. Nach einer knappen Stunde können wir Segel setzen und machen gute Fahrt, auf halber Strecke dicht am Leuchtturm von Sao Jorge „Ponta dos Rosais“ vorbei. Graciosa kommt nun zunehmend näher und macht schon aus der Ferne ihrem Name alle Ehre, denn von See aus sieht sie wirklich anmutig aus, mit zwei mittelhohen Vulkanbergen und einem sanften Sattel dazwischen. Da der Hafen proppenvoll ist, bleiben wir die erste Nacht am Ankerplatz. Als am nächsten Morgen das erste Schiff den Hafen verlässt ergreifen wir sofort unsere Chance, laufen rückwärts in den engen Fischerhafen ein und machen längsseits an einer französischen Yacht fest …

Die erste Aktion in einem neuen azoreanschen Hafen ist (immer) die Anmeldung beim Hafenamt. Die Portugiesen haben gerne die Übersicht und selbst Ankerlieger müssen sich anmelden und mit der ganzen Crew (und deren Ausweisen) vorstellen. So wird man von Insel zu Insel und Hafen zu Hafen „weitergereicht“. Es geht alles sehr freundlich zu und bald hat man sich an die Prozedur gewöhnt. Bei der Abreise wird ebenfalls eine Abmeldung – mit Nennung des nächsten Hafens – verlangt.

Praia do Graciosa mit der Caldeira im Hintergrund

Graciosa gefällt uns ausgezeichnet. Praia da Graciosa liegt malerisch vor dem mittelhohen Vulkan und wirkt sehr authentisch und friedlich. Genau wie in der Hauptstadt Santa Cruz „beleidigt“ kein modernes Gebäude das Auge. Mit dem Bus fahren wir für ´“nen Appel und Ei“ über die Insel und freuen uns an einer (anscheinend noch gänzlich) heilen Welt. 

Busse aus einer „anderen“ Welt

Wir müssen zurück nach Terceira, weil Aliki und Martin ihren Flug erreichen müssen. Ohne Wind läuft die gesamte Strecke von wiederum 50  Seemeilen der Motor. Dafür werden wir mit mehreren Walbeobachtungen belohnt. Im ruhigen Wasser sehen wir den Blas der Riesensäuger schon aus der Ferne, fahren vorsichtig näher ran und schalten dann den Motor aus. So fühlen sich die Tiere offensichtlich nicht gestört und ziehen weiter ruhig ihre Bahn und wir können ein großartiges Naturerlebnis genießen. Einmal kommt uns ein Jungtier ganz nah und wir können seine schnarrenden (Kommunikations-)Geräusche genau hören. Es sind eindeutig Pottwale, die noch vor ein paar Jahrzehnten hier bevorzugt gejagt wurden.

Ein Pottwal-Pärchen lässt sich von uns nicht stören

Beim Sonnenuntergang kommen wir in Praia da Vitoria an und staunen über einen übervollen Ankerplatz. Wir erwarten keinen freien Platz in der Marina, stecken aber – nur so, zum Spaß –  mal kurz unsere „Nase“ rein, und finden – Oh Wunder – einen allerletzten Platz, den wir uns natürlich nicht entgehen lassen …

Blick über den Hauptplatz von Angra do Heroismo

Bis zum Abschied von Aliki und Martin bleibt uns nur noch ein Tag und wir blicken zurück auf einen unvergesslichen Törn mit Super Crew und unglaublicher Erlebnisdichte, bei der ein Höhepunkt dem nächsten folgte. Den unvermeidlichen Abschied zelebrieren mit einem köstlichen Abendessen in der phantastischen Insel-Hauptstadt Angra do Heroismo, im Ambiente eines Weltkulturerbes.