Szenenwechsel: Von Kuba nach Mexiko!

Perfekte Tage auf Cayo Largo lassen die extreme Versorgungsmisere auf Kuba fast vergessen, aber nur fast, denn wenn es nichts mehr zu Essen gibt, ist Schluss mit lustig. Wie schon im letzten Blog beschrieben, ernähren wir uns mittlerweile sogar schon von den geschützten Conch-Muscheln und eine Abreise aus Kuba ist unumgänglich….! Noch nicht mal Mehl ist zu erhalten und da können wir von Glück sagen, dass uns nette Segler mit einer Packung „aushelfen und wir wenigstens Brot backen können, das es dann zu den Conch-Fritters gibt.

Letzte Ankertage vor dem Traumstrand

In Corona-Zeiten ist die vorherrschende Frage von Seglern immer: WOHIN als nächstes…? Wir haben uns nach längeren Überlegungen für Mexiko entschieden, weil die östlichste Insel MUJERES nur 300 Seemeilen entfernt und für Segler ohne Einschränkungen und Tests offen ist. Außerdem liegt Cancum gleich „um die Ecke“ auf dem Festland, von wo es günstige Flüge in die Heimat geben soll…: für den Fall der Fälle!

Eine unangenehme Wetterlage verzögert jedoch erst mal unsere Abreise. Dadurch haben wir noch die Chance, unsere Schweizer Freunde Pia und Köbi von der Lupina noch zu treffen. Mit den beiden verbringen wir ein paar sehr schöne letzte Tage auf Cayo Largo, am Ankerplatz hinter der sich immer mehr ausdehnenden Sandbank liegend, mit abendlichen Spielen und stimmungsvollem Lagerfeuer am Traumstrand Sirena, mit Folienkartoffeln (von Lupina gestellt) und Conch-Fritters (von uns gestellt). 

„Demo“ vom Ausnehmen der Conch-Muschel
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Am Lagerfeuer schmeckt´s besonders gut, auch wenn es nicht viel ist!

Aber als sich ein gutes Wetterfenster mit moderaten östlichen Winden abzeichnet, sind unsere Tage auf Kuba gezählt. Das Ausklarieren aus dem Land ist erstaunlicherweise in der kleinen Marina möglich und bald erledigt, mit Piries, des Hafenmeisters tatkräftiger Hilfe. Nachdem ein Beamter das Schiff (…mutmaßlich nach potentiellen Flüchtlingen) durchsucht hat, müssen wir sofort ablegen, begleitet vom Winken und guten Wünschen des Marina-Personals. 

Abschied von Cayo Largo

Obwohl wir ausklariert haben, wollen wir noch mindestens einen (nicht ganz legalen) Stop auf kubanischem Boden einlegen, und zwar auf Cayo Rosario, wo wir den Fischern ein paar Lobster abluchsen wollen…! Die 25-Meilen-Fahrt dahin ist in ein paar Stunden absolviert und am späten Nachmittag schlängeln wir uns durch die stressige, abenteuerlich enge Riff-Durchfahrt, an einer Stelle nur noch wenige Zentimeter Wasser unterm Kiel. 

Der erste Tag: Im Flachwasser-Bereich zwischen den Cayos
Die Riff-Durchfahrt nach Cayo Rosario ist mega-tricky, zumindest für Monohulls

Am späten Nachmittag fällt der Anker auf drei Meter türkisfarbenem Wasser, vor einem großen Palmenwald.

Im „Tief -Wassertiefe“ vor Cayo Rosario: hier gut drei Meter!

Wir sind Mutter-Seelen-allein, bis auf ein klapprigen Fischertrawler, der in Schleichfahrt an uns vorbei fährt, ohne Fisch anzubieten: eine große Enttäuschung, denn – bis auf das erst noch zu backende Brot – haben wir außer Reis und Nudeln nichts mehr zu Essen!

Lobster satt!

Buchstäblich aus dem NIchts taucht dann aber ein zweiter, besser aussehender Trawler neben uns auf und fragt auf Zuruf an, ob und wie viele Lobster wir möchten. Fünf Finger und ein einzelner gehen hoch. Sogleich wird das Beiboot zu Wasser gelassen und Minuten später erhalten wir fünf fette lebende Lobster, denen die Fischer mal eben die Hinterteile „umdrehen“, während der lange Rest noch munter vor sich her zuckt..: für schwache Nerven kein schöner Anblick! Als Gegenleistung erhalten die Fischer eine Flasche weißen Rum und unsere letzte Dose geschälte Tomaten. Für den Fisch wollen sich nochmal einen kleinen Rum-„Nachschlag“, vom dem wir Gott-Sei-Dank reichlich haben!

Unsere Ausbeute: 5 fette Lobster und ein Pracht-Fisch

Wir reinigen die Krustentiere und machen uns sogleich an die Zubereitung. Die drei kleineren Lobsterschwänze kommen in kochendes Wasser, in dem wir zuvor schon Spaghetti gekocht haben. Nach 20 Minuten sind die Lobster gar und geben mit den Spaghetti ein köstliches Mahl ab, zusammen mit unseren letzten Sundowner auf kubanischem Territorium – das alles bei schönster Sonnenuntergangs-Stimmung! Die Fischer erfreuen sich gleich nebenan an unserem Rum und lassen es sich sichtlich gut gehen, nachdem auch der zweite Trawler längsseits gegangen ist. Im Sozialismus wird eben doch noch geteilt!

Speghetti-Lobster

Als wir früh am nächsten Morgen aufbrechen wollen, gibt die Ankerwinsch nur krächzende Geräusche von sich. Der Anker möchte von Hand gehoben werden, bei drei Meter Wassertiefe und ohne Wind kein Problem. Nach der erneut stressigen Durchfahrt durch die Riff-Passage „stürzt“ die Wassertiefe von 2 Metern in kürzester Zeit auf 2000 ab und wir sind heilfroh, dass wir durch sind.

Uff, wir sind „durch“ und können Segel setzen!

Der Wind kommt genau aus Ost und wir fahren genau nach West. Die Frage ist nun: Sollen wir die Genua ausbaumen oder besser nicht und auf welcher Seite. Schwerwiegende Überlegungen…! Wir entscheiden uns dagegen, zumal der Wind vor Kubas Südküste erfahrungsgemäß nachmittags sowieso einschläft. Bis dahin kommen wir gut voran, lassen uns mittags die zweite Lobster-Mahlzeit schmecken, diesmal kalt –  mit einem Rest Krautsalat und einem Stück frisch gebackenem Brot.

Die zweite Lobster-Mahlzeit

Der Wind legt sich wie erwartet um 17.00 Uhr zur Ruhe, noch zusätzlich begleitet von einer lästigen Gegenströmung. Da hilft nur der Motor, den wir mehr brauchen als uns lieb ist. Denn am nächsten Tag wiederholt sich exakt das gleiche (Segel)-Schauspiel. Da die Etmale (Tagesstrecken in 24 Stunden) nur bei mageren 110 Seemeilen liegen, schminken wir uns eine angedachte weitere Ankernacht im Westen Kubas ab und halten statt dessen direkt auf Isla Mujeres zu.

Noch steht das Segel und wir genießen den Sundowner

Am zweiten Abend liegt Cabo San Antonio von Kuba an Steuerbord querab und wir „betreten“ die Straße von Yucatan, wo starker Schiffsverkehr von und nach Südamerika und Panama unseren Kurs kreuzt. Gegen Mitternacht akuter Kollisionskurs, mit dem Frachter „Iolaos“.  Als Segelfahrzeug haben wir Vorfahrt und sind kurshaltepflichtig! Über Sicht und AIS beobachten wir das Geschehen und wollen diesmal nur im Notfall zur Funke greifen und erst 15 Minuten vor dem berechneten Zusammentreffen aktiv werden. Genau 5 Minuten vor dieser Marke ändert der Frachter seinen Kurs und passiert uns vorbildlich am Heck. 

In der Straße von Yucatan erleben den dichtesten Schiffsverkehr unserer gesamten bisherigen Reise und zwar ohne Verkehrstrennungsgebiet, so dass die Schiffe ungeordnet ihre Bahnen ziehen und nicht selten auch ihren Kollegen von der Großschifffahrt ausweichen müssen: eine spannende Nacht!

Bei Morgendämmerung haben wir nur noch 45 Seemeilen bis Mujeres/Mexiko und erwarten, am späten Nachmittag, aber auf jeden Fall noch bei Tageslicht einzutreffen. Mittags wird der Wind allerdings immer schwächer und wir schalten den Motor hinzu. Doch trotz Motorsegeln machen wir nur 3,5 Knoten Fahrt – statt etwa 6 Knoten – und fragen uns, was los ist.

Man sieht es nicht, aber wir driften mit 35 Grad quer durchs Wasser!

Der Plotter gibt die Antwort. Annamera driftet mit 35 Grad quer durchs Wasser und bietet einen enormer Wasserwiderstand, der auch mit Vollgas nicht zu kompensieren ist: eine ganz neue Erfahrung! Als das Wetter sich zusätzlich noch mächtig eintrübt und auch 10 Meilen vor dem Ziel nach kein Land in Sicht ist, geht die Stimmungskurve entsprechend nach unten. 

Von Land ist noch nichts zu sehen, aber wir setzen schon mal die Flagge Gelb, mit der wir unsere Einreise anzeigen!

Immerhin, als die Sonne sich zum Untergang doch noch mal gnädig zeigt, haben wir Cancun im Visier und steuern bei Dunkelheit in das betonnte Fahrwasser von Isla Mujeres ein. Unzählige Lichter glitzern und Schnellfähren brettern an uns vorbei, als wir uns vorsichtig zu unserem Ankerplatz vorarbeiten, der vor einer betriebsamen städtisch anmutenden Kulisse mit zahlreichen Fähranlegern liegt.  

Erst kurz vor dem Ziel kommt die Kulisse von Cancun ins Visier

Nachdem der Anker gefallen ist, gibt es nach fünf Lobster-Malzeiten in Folge zur Abwechslung mal Fisch als Abendessen. Genau 300 abenteuerliche Seemeilen liegen hinter uns und wir sind nun sehr gespannt auf Mexiko. Wird  das Land die Einkaufsmöglichkeiten bieten, die wir uns nach den Versorgungsschwierigkeiten auf Kuba erträumen? Davon später im nächsten Bericht.

Der erste morgendliche Ausblick auf die Fähranleger von Mujeres