Von Sao Jorge nach Faial

Nachdem wir uns erstmal rückwärts in die kleine Marina von Velas rein manövriert haben, liegen wir wie in Abraham´s Schoß, vor der  mächtigen Felswand mit den Gelbschnabel-Sturmtauchern, die nachts ihr vielstimmiges Konzert anstimmen. Der Ort ist überschaubar und beschaulich. Beim Heilig-Geist-Fest erleben wir die Insel wie die Einheimischen, mit Blasmusik und „Armenspeisung“.

Hortensien wohin das Auge reicht …

Die Zeit vergeht wie im Flug: mit kleinen Wanderungen und einer Inselrundfahrt über mit Hortensien-Sträuchern gesäumten Straßen, durch eine liebliche Parklandschaft. In den Höhenlagen erleben wir Abschnitte mit dichtem Nebel und strahlendem Sonnenschein, besuchen einen Walausguck und eine Käserei …

Glücklich nach dem Käseeinkauf

Typisch für Sao Jorge sind die Fajas, die fruchtbaren Ebenen an der felsigen Küste.

Faja Ouviddor

Ein paar Häuser und kleine Häfen bilden immer wieder einen malerischen Kontrast zu den steilen Berghängen und im Hintergrund sehen wir öfters den über 2300 Meter hohen Vulkankegel der Nachbarinsel Pico, meistens mit Wolkenhäubchen, manchmal aber auch ohne.

Der Pico der gleichnamigen Nachbarinsel von Sao Jorge aus

Wir sind im hier Trigo Azul, dem „Azurblauen Dreieck“ zwischen den Inseln Sao Jorge, Pico und Faial, einem geschützten Gewässer ohne nennenswerten Seegang. Hier soll es viele Wale geben. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden diese noch mit traditionellen Fangmethoden erlegt. Heute sind die „alten“ Walfang-Boote immer noch aktiv und als Ruder- oder Segelboote im Regattaeinsatz, mit einer Stammbesatzung von sieben Personen.

Törnverlauf bis Faial

Nach Faial sind es knapp 25 Seemeilen und wir hoffen, auf dem Weg dorthin ein paar der Riesensäuger zu sehen. Um schön langsam durch den Kanal von Sao Jorge  zu „schleichen“, setzen wir nur die Genua. Dadurch wollen wir die  Chance auf eine Walsichtung erhöhen.

… auf der Überfahrt nach Faial …

Nur 4 Seemeilen vor unserem Ziel liegt der Fährhafen von Pico, Madalena. Eine kleine Erkundungstour durch den Hafen offenbart, dass dort zwar reichlich Platz vorhanden ist, aber Yachten offensichtlich nicht eingeplant sind: außer hohen Kaimauern keine Spur von Festmach-Möglichkeiten ….

Madalena auf Pico

Kaum haben wir Madalena wieder verlassen, kommen uns Wale-Watching-Boote entgegen, die (angeblich) nur raus fahren, wenn Wale gesichtet wurden. Tja, wir haben Glück: ein großer Brocken kreuzt majestätisch langsam unseren Weg  – und als Zugabe die ANYWAY aus La Palma, mit der wir uns auf ein spontanes gegenseitiges Foto-Duell einlassen.

„Annamera“ auf der Suche nach Walen …
„Anyway“

Als Faial und der Hafen Horta näher kommen, versuchen wir vergeblich, über Funk mit der Marina Kontakt aufzunehmen. Im Hafen ist es brechend voll ist und mindestens ein Dutzend Yachten liegen vor Anker. Der Marineiro, der uns an die Tankstelle lotst, entpuppt sich als Hafenmeister, der unsere Anmeldung vornehmen will.

Da (schon wieder !) eine Regatta erwartet wird, ist (auch mal wieder) kein Platz vorhanden. Das ist nervig und wir müssen mit der blöden Kaimauer vorlieb nehmen oder im Päckchen liegen und das, obwohl sich Horta rühmt, eines der wichtigsten Segelzentren der (westlichen) Welt zu sein.

Ein erster abendlicher Rundgang durch Horta enttäuscht zunächst. Vieles sieht etwas abgewirtschaftet aus und hält einem Vergleich z.B. mit Angra nicht stand und die Nacht an der Kaimauer mit viel Holpern und Poltern trägt auch nicht gerade zur guten Stimmung bei. Doch am nächsten Tag, bei Sonnenschein, sieht alles schon viel besser aus. Dennoch hinkt das Erscheinungsbild des Ortes seinem Genius Loci, seiner historischen Bedeutung zu weit hinterher. Immerhin war Horta Jahrhunderte lang für die Atlantik-Schifffahrt, den Luftverkehr und die Telegrafie von allergrößter Bedeutung.

Vielleicht können wir der Insel auf einer Mietwagen-Rundfahrt mehr positive Seiten abgewinnen…? Nach einiger Suche und etwas Glück finden wir einen Wagen, den wir sofort übernehmen können. Das Wetter ist schön und der Pico von der gleichnamigen Nachbarinsel ist oft aufs prächtigste „im Bild“, so dass die Stimmung der Crew rasant nach oben schnellt. Landschaftlich gefällt die Insel sehr gut:

Landschaft von Faial und der alles dominierenden Pico der Nachbarinsel im Hintergrund

Gepflegte kleine Orte mit schönen Badeplätzen, tolle Aussichtspunkte und vor allem die spektakuläre Vulkan-Landschaft um den Leuchtturm am Ponta dos Capelinhos …. Vor 60 Jahren war hier der Vulkan Capelinhos ausgebrochen und hat 30 Millionen Tonnen Asche und Lava ausgespuckt und in der Folge eine Leuchtturm-Ruine inmitten einer faszinierende Mondlandschaft hinterlassen.

Der Leuchtturm am Ponta dos Capelinhos

Auch ist unübersehbar, dass ein Erdbeben die Insel vor nicht allzu Zeit heimgesucht hat, wovon unzählige Gebäuderuinen zeugen, darunter auch zahlreiche Kirchen.

Auch Kirchen werden vom Erdbeben nicht verschont!

Die Caldera ist uns einen eigenen Ausflug wert. Auf dem höchsten Punkt in über Tausend Metern umwandern wir den riesigen Krater und blicken 400 Meter in die Tiefe runter.

Die mächtige Caldeira auf der winzigen Insel Faial

Auf dem Rückweg nach Horta haben wir aus luftiger Höhe einen herrlichen Ausblick auf Horta, das von dort ausgesprochen hübsch aussieht. Zurück an unser unsäglichen Kaimauer finden wir eine irische Yacht längsseits an Annamera festgemacht. Das ist an und für sich nichts Besonderes, außer dass die nächtliche „Holperei“ dadurch noch schlimmer wird und Annamera´s Schanzkleid durch den Tidenhub unliebsame Bekanntschaft mit der Kaimauer macht und Anett eine komplett schlaflose Nacht verbringt,  um Schaden zu verhindern.

Horta von einem Mirador aus gesehen

Als sich am nächsten Morgen die Gelegenheit zum „Umzug“ bietet, greifen wir natürlich sofort zu und liegen jetzt in dritter Reihe – neben Anyway  und Kyla –  fast unmittelbar vor dem berühmten Café Peter Sport. Ein abendlicher Spaziergang zum nahe gelegenen Porto Pim versöhnt uns endgültig mit Horta und korrigiert unseren ersten Eindruck nachhaltig.

Unser „neuer“ Liegeplatz im Dreierpäckchen mit „Anyway“ und „Kyla“
Im Porto Pim zeigt Horta ein anderes Gesicht …

Die lauschige Badebucht zeigt sich im milden Abendlicht von ihrer besten Seite und das Abendessen im edlen Restaurant „Genuino“ des gleichnamigen Portugiesischen Weltumseglers wird zu einem Festmal ….