Da es auf Kuba für Ausländer keine Lebensmittel mehr zu kaufen gibt, bleibt uns nichts anderes übrig, als der faszinierenden Insel den Rücken zu kehren. Mexiko liegt nur 300 Seemeilen und drei Tagesreisen entfernt und die Einreise ist ohne Restriktionen möglich.

Schließlich fällt der Anker bei der vor Cancun gelegenen winzigen Insel Isla Mujeres, dem Einklarierungs-Hafen und östlichsten Punkt Mexikos. Nach der ersten Nacht am Ankerplatz verholen wir uns in die Marina El Milagro. Kein einfaches Unternehmen, denn wir müssen Annamera bei Starkwind rückwärts in die letzte „Außenbox“ reinmanövrieren und sie dort zwischen vier weit auseinander stehenden Pfählen festmachen! Doch mit dem Einsatz von Marina-Personal, einigen Seglern und deren Dinghis liegen wir bald gut vertäut zwischen den Pfählen.

Zur Einreise sind umfangreiche Formalitäten mit sechs Ämtern zu erledigen. Da wir bekanntlich nicht lauffaul sind, wollen wir diese über die Stadt verteilten Ämter der Reihe nach „abarbeiten“. Doch der Marineiro Julio macht uns einen Strich durch die Rechnung, indem er sich (ungefragt) zu unserem Agenten aufschwingt und uns für seine Dienste zum Schluss die Rechnung präsentiert: Zweimal 35 US-Dollar Visagebühren, 50 US-Dollar für den Hafenkapitän sowie stattliche 50 US-Doller (plus 10 für Trinkgeld) für seine Agentendienste. Aber dafür nimmt er uns nicht nur die Lauferei ab, sondern sorgt für einen zügigen reibungslosen Ablauf der Formalitäten und wir sind am Ende froh, wie alles gelaufen ist.
Immerhin kommen nun die Beamten sämtlicher Ämter eigens zu uns in die Marina, einschließlich der Vertreter des Zolls, die unser Schiff durchsuchen, für ein kleines Trinkgeld.Nach einigen Stunden halten wir exakt zehn von allen Ämtern abgestempelte Dokumente in der Hand, in dreifacher Ausführung, einen Satz für die Marina und zwei für uns.

Mit unserem Zweitexemplar sollen wir vor Ablauf einer zwei-Wochen-Frist zu einem weiteren Amt (auf dem Festland) gehen, um eine (angeblich notwendige) temporäre Schiffs-Einfuhr zu beantragen: Kosten nochmal 60 US-Doller. Insgesamt kostet uns die Einreise schließlich 240 US-Dollar. Kuba war da mit 265 US-Dollars sogar teurer, allerdings waren darin auch bereits die PCR-Test-Gebühren enthalten, die in Mexiko entfallen. Waren das noch paradiesische Zeiten, als die Einreise gar nichts gekostet hat, wie auf Martinique und Bonaire!

Unsere Marina de Milagro ist der Hammer. Sie ist eigentlich eine kleine Hotelanlage, ist äußerst liebevoll gestaltet und wird von Eric, Inga, Julio und einigen weiteren Helfern betrieben. Kleiner Pool mit Palmen und Hängematten, Grillstellen, Leseecken, Duschen, alles da, sauber, sehr gepflegt und muy mexicano – mit vielen Farben und bunten Kachelmosaiken all over the place.

Wir fühlen uns auf Anhieb sehr wohl. Und in der ersten Reihe liegend haben wir die perfekte Aussicht auf die Bay und die vorgelagerte Mangroveninsel. Auf den Pfählen vor dem Schiff ein ständiges Kommen und Gehen von Kormoranen, Möven und gelegentlichen Pelikanen….
Nach dieser Oase der Ruhe präsentiert sich der Rest der winzigen Isla Mujeres als krasses Kontrastprogramm, auch zu allem, was wir im letzten Jahr gesehen haben. Bei gerade mal 7 Kilometern Länge und einer Breite zwischen 150 und 650 Metern kommt sie auf 4,2 Quadratkilometer Größe! Aber die haben es in sich…!

Foto: https://flickr.com/photos/132646954@N02/29729604048 (archive
Vollgestopft mit prallem mexikanischen Leben, Hotels, Kneipen und Souvenir-Shops, vorwiegend auf amerikanische Tagestouristen zugeschnitten, wobei eine gewisse Ähnlichkeit mit Mallorca nicht zu übersehen ist.

Beim ersten Landgang konzentrieren wir uns ganz auf „Downtown“ Mujeres, von den Locals nur El Centro genannt. Hier machen im Stundentakt die Schnellfähren von und nach Cancun fest. Hunderte von knatternden Golf Cars flitzen durch die „Stadt“ und verbreiten Hektik und Gestank: an Wochenenden das reinste Tollhaus!


Gut, das es an der (von Wirbelstürmen etwas mitgenommenen) Promenade im Osten ruhiger zugeht. Hier brandet die See eindrucksvoll an die Felsenküste, die mit kleinen Strandabschnitten durchsetzt ist.

Das zweite Inselzentrum nennt sich „La Gloria“ und liegt in etwa in der Inselmitte. Hier leben die Einheimischen und es geht viel ruhiger und authentischer zu, ohne Kitsch und Souvenir-Shops.

Hier liegt auch der gigantische Supermarkt Chedraui, in den wir natürlich gleich am ersten Tag „eintauchen“, nachdem uns auf Kuba noch die letzten Vorräte ausgegangen sind.

Es gibt (ungefähr) alles, was das Herz begehrt und das zu paradiesisch günstigen Preise, meistens etwa (!) halb so teuer wie in Deutschland. Wir sind begeistert und stürzen uns auf Joghurt, Gebäck, Wein, Obst und Salat, um nur einige zu nennen. Jetzt kann endlich wieder geschlemmt werden: Yummie, yummie!

Gestärkt machen wir uns auf zu einer stattlichen 19-Kilometer-Wanderung, vom nördlichsten bis südlichsten Punkt der Insel – und zurück! Am Punta Sur (Südpunkt) zwar auch massenhaft Touris in ihren Golf Cars, aber auch wild umtoste Felsen an Mexikos „Lands End“, dem Standort des Leuchtturms und östlichsten Punkt des Landes.



Später finden wir noch einen Schleichweg am nördlichen Küstenstreifen entlang, das einzige Stück Land, wo so etwas wie eine Wanderung möglich ist – am Uferstreifen vor den machmal ziemlich protzigen Strandhäusern.

Am Cruisers Net, dem Segler-Funk-Netz, nehmen wir jetzt öfters aktiv teil und lernen auch ein paar nette deutsche Segler kennen, die schon länger vor „Isla“ liegen und uns gute Tips geben. Außerdem kommen wir auch mal in den Genuss von Social Events mit mit Barbecue und Live Music.

Das ganze ist jedoch etwas unheimlich, weil in den Kneipen des Hochrisikogebietes kein Mensch eine Maske trägt, was jedoch hier vorgeschrieben ist. Wie dem auch sei, auch in unserer „Hotel-Marina“ sieht man wenig Masken und wir können nur drauf vertrauen, das alles gut geht. Auch ist es auf der winzigen, dicht besiedelten Insel oft schwierig, die geforderte Sozial Distanz einzuhalten, so auch in der Warteschlange zur Fähre nach Cancun oder im Bus, mit dem wir gelegentlich zum Punta Sur fahren, um dann von dort unsere Wanderung zurück zur Marina anzutreten. In der Luft manchmal Heerscharen von Fregattvögeln und zu unseren Füßen Scharen von Leguanen, die sich in der Sonne aalen.

Da wir beide dringend neue Schuhe brauchen, machen wir uns zweimal mit der Schnellfähre auf den Weg nach Cancun. Die Überfahrt erfolgt stündlich und dauert nur 20 Minuten, Kosten: 380 Pesos, umgerechnet 16,50 Euro pro Person, für die Hin- und Rückfahrt.

Cancun ist eine Art Doppelstadt aus der Retorte, mit dem Ortsteil für die Einheimischen und einer gigantischen Hotelzone. Viel Verkehr und Unmengen von „Collectivos“ (Sammeltaxis), die unüberschaubar kreuz und quer durch die Stadt flitzen. Im Ortsteil der Einheimischen scheinen Fußgänger-Überwege schlichtweg vergessen worden zu sein und ständig müssen wir uns im Laufschritt durch ein System von völlig verkorksten Kreuzungen in Sicherheit bringen. Wir rennen uns buchstäblich die Hacken ab, finden aber trotz mehrerer großer Malls keine geeigneten Schuhe, die es bei uns in Deutschland an fast jeder Ecke gibt. Marken wie Clarks und Co. scheinen hier unbekannt zu sein, Nicht aber Nike, Adidas und Puma, die einen mit einem Angebot an Scheußlichkeiten regelrecht erschlagen.

In der Hotelzone sieht es ganz anders aus und erinnert eher an Floridas Strandorte. Schicke Boutique-Hotels und Betonburgen am schönen endlosen Strand mit türkisfarbene Wasser und verbunden durch Palmen gesäumte Boulevards. Hier gibt es Fuß- und Fahrradwege und Linienbusse, die uns für kleines Geld mitnehmen, für umgerechnet 32 (7 Pesos) oder 64 (14 Pesos) Euro-Cent. Der Minibus (Collectivo) nimmt etwa 45 Euro-Cent (10 Pesos). So preiswert und bequem das auch ist, so sind wir doch ständig einer latenten Ansteckungsgefahr ausgesetzt! Deshalb ziehen wir es oft vor, längere Abschnitte zu Fuß zu gehen…!

Wir sind weiterhin auf der Schuhsuche. Doch fast überall nur die gleichen internationalen Ketten, von H&M bis zu den Luxusboutiquen von Louis Vuitton und Co, aber keine Schuhe für uns. Die letzte Hoffnung setzen wir in das nagelneue Einkaufzentrum La Isla, das mit spektakulärer Architektur daher kommt und von Las Vegas inspiriert zu sein scheint, mit schneeweißen organischen Formen und einem Riesenrad a la London, aber auch hier keine Schuhe in Sicht, außer die Sportschuhe der üblichen Verdächtigen.

Der Strand ist in unüberschaubarer Länge nur den Hotelgästen vorbehalten und wir gelangen nur nach Anfrage und Genehmigung durch eine All-Inclusive-Anlage zum dünn bevölkerten Strand. Hier nur vereinzelte Strandläufer. Immerhin ist Hochsaison und wir können uns glücklich schätzen, dass wir es dort nicht mit Massen zu tun haben.

Von kleinen maurisch inspirierten All-Inclusive-Anlagen über kubistischen Minimalismus bis zu protzigen, riesigen Hotelanlagen, die manchmal in Größe und Geschmacklosigkeit an Schloss Versailles erinnern, ist alles vorhanden. Nicht auszudenken, wie es hier aussieht, wenn der Tourismus brummt…! Beim letzten Büchsenlicht fahren wir zurück zu unserer Insel, doch leider wieder ohne die gewünschten Schuhe!

.